2. Februar 2008

Kyojima

Traditionell waren alle japanischen Städte dicht und eng besiedelt, mit engen Gassen. Vieles dieser historisch gebauten Kulturlandschaft ist in Japan der Bauwut der Behörden sowie der Immobilienspekulanten zum Opfer gefallen. Aber selbst in Tokio gibt es noch Erinnerungen an diese Zeit vor dem 2. Weltkrieg.

Kyojima ist ein etwa 24ha großer Stadtteil im Osten Tokios. Der ursprünglich im Umland gelegene Ort entwickelte sich speziell nach dem großen Erdbeben 1923, alles ohne städtebauliche Planungen oder Bauvorschriften. Kleine Holzhäuser drängen sich dicht an dicht um kleine, enge Gassen, durch die mit viel Wohlwollen ein Auto heutiger Dimension passt.

In den 1970er Jahren wollte die Verwaltung diese Strukturen zu Gunsten von Geschosswohnungsbau zerstören. Dies wurde allerdings erfolgreich durch Bürgerorganisationen verhindert und seit den 1980er Jahren wird versucht, eine sanfte Erneuerung des vitalen Stadtteils durchzuführen.

Mehr zur Geschichte von Kyojima gibt es hier:
Conserving the Walkable Environment in the Neighbourhood:
A Case Study of the Improvement Effort in Kyojima, Tokyo


Aus der Luft sieht das Gebiet heute in etwa so aus:





Gleich in der Nachbarschaft wird das "Rising East" Projekt verwirklicht. Japan will mal wieder einen hohen Funkturm bauen.



In Kyojima gibt es dann sehr viele alte Häuser in zum Teil desolatem Zustand:












Einige sehen noch "etwas" besser aus:





Sehr nett sind dann aber die vielen engen Gassen. Der Straßenraum ist hier ein halb-privater,halb-öffentlicher Raum, was man merkt, wenn man durch die Straßen schlendert, vorbei an der zum Trocknen aufgehängten (Unter-)Wäsche .









Besonders nett ist die lange Einkaufsmeile, die auch nicht breiter als 4 oder 5 Meter ist.





Und überall ist die japanischen Blumen-Guerillia am Werk (toller Bericht hier).







Da durch die meisten Gassen kein Feuerwehrfahrzeug passt, die Gebäude auf Grund ihrer Holzbauweise aber speziell feuergefährdet sind, gibt es überall sogenannte Pocket-Parks mit unterirdischen Löschwasserbehältern.




Trotz aller Bemühungen sind die Stadterneuerungsbemühungen im Viertel eher traurig . Da gibt es dann Bürgersteige ins nirgendwo



und die neuen Einfamilien-Fertighäuser können ohne Diskussion unter dem Begriff "hässlich" abgehakt werden.







Und auch die Verkehrsplaner versuchen sich einzubringen, was zu einer übermarkierten Kreuzung geführt hat. Einer Kreuzung, die ziemlich überhaupt keinen Verkehr aufweisen kann.



Mal sehen, wie sich die Dinge hier entwickeln. Ich freue mich schon, im Sommer nochmal die Atmosphäre des Viertels schnuppern zu können.

2008.02 Kyojima

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