30. Januar 2007

oh je, Japan...

Vor einigen Tagen habe ich mir ein neues Buch zum Japanisch-Lernen gekauft - "Practical Business Japanese".

Im Preface steht da:

Embarking into the global era, the foreign residents in Japan are increasing yearly. Foreigners in Japan are bursting in numbers, as we see them everywhere, such as in streets and transportations. We have come to a point where we can not imagine Japan without foreigners. ...

Geschrieben im September 2006 vom Direktor der TOP Language Co., Ltd., Herrn Teruko Furuichi.

Mal ganz ehrlich, in welchem Jahrtausend leben die Japaner eigentlich? Verkaufen ihre Gameboys in der ganzen Welt, stützen ihren Wohlstand - ebenso wie die Deutschen auch - auf den Export und Handel mit anderen Ländern. Aber tief im Inneren leben die doch noch sehr abgeschottet und für sich, da scheinen selbst im Jahr 2006 "Foreigner" noch etwas besonderes zu sein.

'Foreigners' - was erlaube Foreigners!? Sich einfach in japanische Straßen blicken zu lassen und japanische U-Bahnen zu benutzen. Ohne Worte...

Und dann auch noch die Verwendung des ja eher mit einer negativen Bedeutung assoziierten Begriffs 'bursting' - fühlt man sich wirklich durch solch eine Einleitung Willkommen im Land des Fuji? Motiviert eine solche Einleitung wirklich dazu, Japanisch zu lernen? Na ja, ich bin ein wenig irritiert, um nicht zu sagen geschockt über eine derart eingebildete Meinung. Immerhin will der Verlag doch Geld mit den 'Foreigners' verdienen, oder? Wie kann ein solcher Text überhaupt veröffentlicht werden...

Na ja, gefühlsmäßig sind die Japaner wohl noch nicht in der 'global era' angekommen, lediglich wirtschaftlich haben sie es schon verstanden. Ach, der Prozentsatz der 'Foreigners' liegt in Japan derzeit ungefähr 1%:

Ethnic groups laut CIA Factbook:
Japanese 99%,
others 1% (Korean 511,262, Chinese 244,241, Brazilian 182,232, Filipino 89,851, other 237,914)

In Deutschland liegt die 'Foreigners'-Quote derzeit bei ca. 9%, wobei im Zeitalter eines gemeinsamen Europas die Definition der 'Foreigners' nicht mehr ganz passend sein dürfte.

Japan, Willkommen in der Gegenwart! :-)

29. Januar 2007

ipod und Apple

Heute gibt es lediglich einen Link zur Süddeutschen Zeitung. Der Artikel von Christian Kortmann ist wirklich sehr sehr nett geschrieben...genau darum habe ich mich vor einigen Wochen gegen den ipod und für den ebenso schicken Zen Neeon 2 von Creative als mp3-Player entschieden.

Die Japaner sehen dies wohl etwas anders, denn hier zählt der weiße ipod zur Standardausstattung, ebenso wie mindestens ein Produkt aus der geschmacklosen Handtaschen- und Portemonnaieserie von Louis Vuitton (Link). Japan ist wirklich ein Land, in dem Markenhersteller glücklich werden können......

Süddeutsche Zeitung: Die Apple-Lüge

22. Januar 2007

Warme Häuser, kalte Häuser

Eine Tradition, die in Japan bis zum heutigen Tage überlebt, ist es anscheinend, im Winter in einer 'freezing damn cold' Wohnung zu verbringen. Der einzige warme Ort ist hier im Wohnzimmer ein kleiner, flacher Tisch (“Kotatsu”). Dieser ist von einer Decke ummantelt, unter der Tischplatte gibt es Heizstäbe, die das 'Innere' des Tisches erwärmen. Also verbringt man, sowie man zu Hause ist, die meiste Zeit um bzw. unter diesem Tisch.

Denn bis heute schaffen es die Japaner nicht, vernünftig isolierte Häuser und Wohnungen zu bauen. Auf jeden Fall im Wohnungsbau nicht. So kommt es, dass die Wohnungen und Häuser im Winter verdammt kalt sind, und im Sommer bei Temperaturen um die 40°C sehr, sehr warm. Um diesem entgegenzuwirken, wird aber nicht an der Isolierungstechnik gefeilt, sondern es werden im Sommer Klimaanlagen verwendet (das haben die wohl nach dem Krieg von den Amerikanern 'gelernt'), oder es wird die schon angesprochene Tradition mit dem beheizbaren Tisch in die Gegenwart gerettet.

Unsere Wohnung macht da keinen Unterschied, die Fenster sind alles andere als dicht. Von der simplen Einfachverglasung und fehlenden Gummierung an den Nahtstellen mal abgesehen, sehen die Fenster aus wie ein Relikt aus einer fernen Vergangenheit. Zum Beispiel, unser Schlafzimmerfenster haben wir mit drei (3!) Wolldecken abgedichtet - trotzdem zeigt das Thermometer nur den Wert von 12°C an. Wofür zahlen wir eigentlich Miete?!
Diese einfachen Fenster finden aber auch weiterhin in neuen Häusern Verwendung. Wollte man in Japan den in Deutschland gerade initiierten Energiepass für Häuser einführen, man müsste wohl mehr als die Hälfte aller Gebäude nachbessern.

Gerade hier sollte jedoch der Klimaschutz schleunigst Einzug halten; oder kann (darf) sich ein Land wie Japan ohne natürliche Rohstoffvorkommen diese maßlose Verschwendung an kostbarer Energie auch in Zukunft leisten? Hier ist also ein großer Unterschied im Vergleich zu Deutschland zu erkennen, wo im Bereich Bauen sehr viel mehr auf moderne Technik gesetzt wird. In Japan (und vielen anderen Ländern natürlich auch) scheint moderne Bau- und Isoliertechnik noch nicht selbstverständlich zu sein.

Dies steht im krassen Gegensatz zu den ganzen technischen Spielereien, die sonst so in einem japanischen Haushalt zu finden sind, wobei die Spitze des Eisberges natürlich die High-Tech Toiletten sind....Toiletten in Japan − Wikipedia

Wenigstens werden die Kinder bereits seit dem Schulalter auf diese missliche Situation vorbereitet. Die Schuluniformpflicht sieht es zu jeder Jahreszeit vor, dass die Mädchen in kurzen Röcken herumlaufen müssen. Auch ist es nicht selten, dass die Jungs in den Wintermonaten in kurzen Hosen herumlaufen.

Neuerdings gibt es auch eine staatliche Innovationen, die unter den Initiativen WarmBiz bzw. CoolBiz gestartet worden sind. Demnach werden japanische Büroarbeiter im Sommer dazu aufgefordert, im Büro nur leichte Kleidung zu tragen (also keine Krawatte!) und für den Winter gibt es in den Kaufhäusern speziell ausgeschildert, warme Kleidung. Dies ist wiedermal ein gutes Beispiel dafür, wie man bei der Lösung eines Problems nicht an dessen Ursache arbeitet, sondern vielmehr die Linderung der Auswirkungen in Angriff nimmt - Politik eben.

17. Januar 2007

Erdbeben der Stärke 5,7 in Japan

Montag 15. Januar 2007, 20:29 Uhr
Tokio (AP) Ein Erdbeben der Stärke 5,7 hat am Montag Japan erschüttert. In der Hauptstadt Tokio gerieten mehrere Gebäude ins Schwanken, Berichte über Verletzte oder Schäden gab es zunächst nicht. Das Zentrum des Erdstoßes lag nach Angaben des staatlichen Wetterdienstes rund 150 Kilometer westlich von Tokio.

Hört sich irgendwie gefährlich an - ich hab es natürlich mal wieder verschlafen und erst heute davon erfahren.....

13. Januar 2007

Anleitungen und Schilder

Da machen wir uns seit Jahren in Deutschland über die Warnhinweise auf amerikanischen Produkten lustig. Wenn da auf der Farbdose steht ' Don't drink' oder der Aufkleber auf der Kettensäge sagt 'This is not a toy, don't give it to infants and children' - sind diese eigentlich doch nur der Auswuchs eines bizarren Rechtssystems, welches jedem erlaubt, jeden wegen jeglicher Bagatellen auf Unsummen zu verklagen.

Nun, in Japan gibt es ähnlich viele Hinweise und Anleitungen und Schilder. Überhaupt, die Japaner lieben Schilder, am besten mit ganz viel (unnötigem) Text und lustiger Bebilderung. Anscheinend will/muss man allen Japanern immer und überall bis ins Details erläutern, wie was zu funktionieren hat. Ohne diese bebilderten Anleitungen kommen sie wohl im Alltag nicht zurecht.

Beispiele gibt es genug, hier eine kleine Auswahl:

1. Auch wenn der Parkplatz noch so klein ist, ein verwirrendes Schild hat doch noch nie jemandem geschadet, oder? "Parkst du schon, oder versuchst du immer noch das Schild zu deuten?!"


2. Als ich meine neuen Adidas-Sportschuhe ausgepackt habe, ist mir ebenfalls ein kleines Anleitungsheft in die Hände gefallen. Da wird den lieben Japanern verdeutlicht, dass man doch ordnungsgemäß in die Schuhe "einsteigt" - ansonsten halten die Japaner ja nix von Schnürschuhen, die müssen ja fast überall das traditionelle Prozedere "Schuhe aus - Schuhe an" praktizieren.


Und weil dies noch nicht genug ist, werden auch noch diejenigen versorgt, die in der Grundschule gefehlt und die Schleife nicht gelernt haben....


3. Auch bei unserem Bügelbrett war eine Anleitung dabei. Zwei DIN A4 Seiten, die erklären, wie das Bügelbrett aufzustellen ist. Völlig belangloser Quatsch also.


Ich könnte noch viele weitere Beispiele zeigen. Stellt sich die Frage, warum all das? Meiner Meinung nach sind dies die Folgen des aktuellen Bildungssystems in Japan. Hier scheint wirklich alles nach dem Muster "Vormachen-Nachmachen" zu funktionieren, der Schritt zum eigenen Denken und Kreativität fehlt komplett. (Immerhin hat es Toyota irgendwie geschafft, durch Abgucken und Nachmachen heute bessere Autos als Daimler zu bauen....)

Dies hat seit neuerdings auch die Regierung erkannt, und nun werden Maßnahmen ergriffen, wie den Schülern und Studenten mehr Kreativität und Eigenständigkeit vermittelt werden kann. Dies schein mehr als notwendig zu sein.

Bis es soweit ist, erfreue ich mich auch in Zukunft an den zahlreichen sinnlosen, aber durchaus amüsanten Schildern und Hinweisen :-)

P.S.:
Ok, es geht noch schlimmer, oder wie ist dieses Schild im Zhongshan Park in Shanghai zu deuten?! - "Es ist verboten, hier zu ertrinken." oder wie?

10. Januar 2007

Japanische Lebensmittel

Unterhält man sich mit Japanern über Lebensmittel, wird man als Ausländer sehr schnell mit den "Besonderheiten" japanischer Produkte konfrontiert. Eine handelsübliche Gurke zum Beispiel ist nicht nur eine Gurke, nein, da sie aus Japan zu kommen scheint, ist es eine "japanische Gurke". Auch eine Kartoffel oder ein Rettich ist hier eine "japanische Kartoffel" bzw. ein "japanischer Rettich". Nun gut, wenn es mal abgesehen von der Größe - die Gurken sehen hier sehr "verhungert" aus... - wirkliche Unterschiede geben würde, wäre mir der ganze Zirkus ja recht, aber letztendlich ist eine Gurke eine Gurke und bleibt Gurke.

Ich stelle mir nur vor, ein Abendessen in Deutschland mit internationalen Gästen, es wird ein "holländischer" Blattsalat mir "spanischen" Tomaten und "belgischen" Zwiebeln aufgetischt, dazu "italienisches" Olivenöl und "französische" Croutons aus "deutschem" Brot (das eventuell dann noch aus russischem Weizen, ukrainischem Zucker mit irischer Butter und Hefe in einem Ofen eines Schweitzer Herstellers durch einen Lehrling aus dem ehemaligen Jugoslawien gebacken wurde...) usw. - wäre ziemlich albern, oder? Ich denke, ich begrenze das Beispiel mal auf der Vorspeise....

Als lange isolierter Inselstaat mit kaum nennenswerter landwirtschaftlicher Produktion, lässt sich die extreme Hervorhebung des Nationalstolzes eventuell erklären. Aber vielleicht sollten die lieben Japaner lieber auf ihre innovativen, umweltfreundlichen Hybrid-Motoren oder aktuellen Spielkonsolen stolz sein als auf die Produktion von einfachem Gemüse...aber das wird hier als viel selbstverständlicher hingenommen.

Auf der anderen Seite werden ausländische Produkte ebenfalls als "italienische" Pasta oder "französischer Schokoladenkuchen" hervorgehoben. Dabei ist es vollkommen egal, ob das Produkt tatsächlich aus dem jeweiligen Land kommt, sobald der Name stimmt, kennen die hier keinen Skrupel. Kürzlich hat mich dann im Supermarkt ein Bier angelacht mit dem Namen "Brau Meister". Gut, die Japaner haben alles rund um das Bierbrauen von den Deutschen gelernt, also vermutete ich hinter dieser Offerte einen geschmacklichen Hochgenuss. Leider wurde ich enttäuscht, außer dem Namen waren keine deutschen Qualitäten zu erkennen. Schade eigentlich.

7. Januar 2007

Sapporo

In dieser Woche haben wir uns in den hohen Norden Japans gewagt - nach Hokkaido.
In der Hauptstadt Sapporo, mit ca. 1.8 Mio. Einwohnern nicht gerade klein geraten, war es dann auch ziemlich kalt, tagsüber höchstens um die 5°C.

Die Stadt ist im Gegensatz zu fast allen anderen japanischen Städten sehr übersichtlich, da im Raster angelegt. In Ost-West-Richtung verläuft dazu mitten durch die Stadt ein länglicher Park. Orientierung ist also immer gegeben.

Interessant an Sapporo sind natürlich vor allem die Wintersportanlagen, allen voran die Olympiaschanze, die über der Stadt thront. Von dort aus hat man einen fantastischen Blick auf Sapporo - wie können sich die Athleten da nur auf das Skispringen konzentrieren...?

Und dann gibt es hier natürlich noch die (zumindest in Japan) berühmte Sapporo-Brauerei. In den alten Backsteingebäuden befinden sich heute ein nettes Museum sowie diverse Restaurants. Ein weiteres ehemaliges Produktionsgebäude wurde sogar in eine neue ShoppingMall integriert.

Ein Großteil der Innenstadt ist komplett untertunnelt, ähnlich wie Toronto in Kanada. Hier spielt sich wohl in langen und kalten Wintern das gesamte städtische Leben ab. Ewig lange Gänge verbinden hier ein Kaufhaus mit dem anderen.

Mit den Temperaturen hatten wir eigentlich Glück, denn Dank der weiterhin unnachsichtigen Energiepolitik der Amerikaner, spielt auch hier das Wetter verrückt, und laut Wettervorhersage waren die Temperaturen vergleichbar mit denen von Anfang März. Dies hat dann auch viele einheimische junge Frauen dazu verleitet, Ihre Frühlingskleidung zu tragen. Die sind doch tatsächlich bei Schnee und 5°C in kurzen Röcken und Stiefeln rumspaziert. Wenigstens den Männern wird bei diesem Anblick wohl warm....;-)


1. Januar 2007

Silvester / Neujahr

Nachdem Weihnachten hier ganz unspektakulär vorüber gegangen ist, wird der Jahreswechsel hier auch nur begrenzt gefeiert. Feuerwerke gibt es hier eh nur im Sommer, wenn jeder Stadtteil dann sein eigenes Spektakel veranstaltet und alle anderen zu übertrumpfen versucht.

Am Silvesterabend trifft sich traditionell die Familie. Die Mutter war bis hierhin schon fleißig und hat für die folgenden drei Tage allerlei Speisen vorgekocht - und in verschiedene Lunchboxen gepackt. Dies ist wohl noch eine Tradition aus Zeiten, als die Geschäfte um Neujahr herum geschlossen und niemand sonst arbeiten wollte. Dies ist heute natürlich anders, unser Einkaufszentrum nebenan hat zum Beispiel an allen Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr geöffnet, jeweils zwischen 10 und 21 Uhr.



Dann gibt es im TV eine Musikschau zu sehen, irgendwas zwischen dem Musikantenstadl und dem Eurovision Song Contest, der sich großer Beliebtheit erfreut.

Um Mitternacht pilgert man dann zum nächsten Tempel. Hier wird das neue Jahr traditionell mit 108 Glockenschlägen von den buddhistischen Mönchen begrüßt. Die Glockenschläge sollen die Menschen angeblich von den irdischen Begierden befreien, um so reinen Gewissens in das neue Jahr zu gehen. Warum es gerade 108 Glockenschläge sind weiß niemand so genau, viele Japaner wissen wohl auch gar nicht was es überhaupt damit auf sich hat.





Es geht also mehr um das event, denn als Besucher dieser Zeremonie kann man selbst einen Glockenschlag ausführen. Dazu bekommt man bei der Ankunft am Tempel eine Nummer zugewiesen, steigt dann den Glockenturm hinauf, dort warten die traditionell gekleideten Mönche und lassen einen dann mit einem Holzpfahl einen Glockenschlag machen.

Dieses Jahr waren wir leider zu spät, um 23:45 Uhr waren schon alle Tickets vergeben :-( Dennoch konnten wir einen Mönch bei einem Mitternachtsgebet beobachten, im Hintergrund ist auch ein Glockenschlag zu hören:



Nach dem Glockenschlag geht es dann nach Hause, und Silvester ist vorbei. Auf dem nach Hause-Weg haben wird dann noch die jüngere Generation beim Feiern getroffen. Diese versammeln sich vor den unzähligen 24-Stunden-ComBiNi'S (Convenience Stores), schreiben hastig emails mit Ihren Mobiltelefonen usw. Wenigstens ein Ansatz einer Feier ;-)

Am 1. Januar geht es dann zu einem Schrein, um die Wünsche und Hoffnungen für das neue Jahr zu machen. Hier kann es ganz schön voll werden, aber die Japaner lieben es ja, sich in Reihen aufzustellen und zu warten.