Nachdem ich meiner Freundin schon des längeren auf den Ohren gelegen bin, endlich mal einen echten Wald sehen zu wollen - den von den vielen Werbeplakaten - sind wir heute zum Takaosan gefahren. Dieser Berg liegt ca. 45 Minuten westlich von Tokio, aber immer noch im Regierungsbezirk.
Der Takaosan ist bekannt für sein farbenfrohes Herbstkleid; hier hat es die Verwaltung noch nicht geschafft, den Mischwald zu Gunsten pseudowirtschaftlicher monokulturierter Zedernhölzer abzuholzen. Der Berg wird von den Japanern als heiliger Berg angesehen, auf 3/4 des Anstieges findet man den idyllisch am Hang gebauten Yakuoin-Tempel.
Mit dem Zug fährt man dann wirklich bis an den Start der Wanderwege, die hoch zur Bergspitze führen. Dies ist einerseits ganz praktisch, andererseits kommt man in einem kleinen Ort an, den die touristische Entwicklung komplett aus der Bahn geworfen hat.
So ist die Bahnlinie völlig unnötig aufgeständert, der Dorfmittelpunkt ist ein betongrauer Parkplatz und der zierliche Bergbach wurde in ein hässliches Betonbett gezwängt.
Daneben gibt es noch zwei von den üblichen Architektursünden, mit denen jede kleine Stadt in Japan zu kämpfen hat, ein kitschiges Stundenhotel (Love-Hotel) mitten im Zentrum, und ein komplett aus Beton gebautes, überdimensioniertes Museum mit einer völlig gegenstandslosen und ohne Ortsbezug aufzeigenden Ausstellung. Im Falle von Takaosan ein Trickfilm-Museum?! Formvollendet wurde da auch gleich noch eine Tankstelle im Gebäudeklotz integriert. Na ja.....
Übrigens, das mit dem monumentalen Museum war in den 80ern und 90ern mal eine Art Regierungsprogramm; da haben die Japaner auf einmal bemerkt, dass sie den Bereich Tourismus voll verschlafen haben. Also wurden überall im Land überdimensionierte und überteuerte Museen und Kulturgebäude gebaut. So wurde die Bauwirtschaft angekurbelt, die Bürgermeister haben Geld in ihre eigenen Taschen gewirtschaftet und heute können sich die Gemeinden und Städte den Unterhalt nicht mehr leisten. Völlig daneben diese Strategie.
Trotz der heiligen Verehrung des Berges haben die Bausünden auch hier nicht halt gemacht. So führen heute sechs verschiedene Routen hoch zum 599m hohen Gipfel, Pfad 1 ist der populärste, vollständig asphaltiert, begleitet von oberirdischen Stromleitungen bis ganz hoch. Dann gibt es da noch eine Zahnradbahn, die bis auf die halbe Höhe fährt, und in einem kleinen Fressdorf endet. Hier gibt es Snacks aller Kategorien, und natürlich die von den Japanern geliebten Getränkeautomaten.
Bis hierhin haben wir ca. 45 Minuten gebraucht, alleine waren wir nicht wirklich unterwegs, zusammen mit Abertausenden haben wir uns den Weg hochgequält - alle hatten heute die gleiche Idee. War schon eine ziemlich bizarre Situation und kann wohl nur den richtigen Tokiotern Spaß gemacht haben.
10 Minuten später kommen wir zu einer Plattform, wo es einen sehr schönen Ahornhain zu sehen gab.
Nach weiteren 25 Minuten sind wir dann am Yakuoin-Tempel angekommen. Der ist wirklich sehr nett am Hang gebaut, mit toller Aussicht in die Umgebung. Und bunten Bäumen.
Von hier aus sind es dann nochmal gut 20 Minuten bis ganz hoch zum Gipfel. Komplett von Beton überzogen, gibt es hier oben wieder ein gutes Dutzend Fastfood-Restaurants , Getränkeautomaten und Souvenirläden. Und tausende Wochenendausflügler sitzen überall in der Gegend verstreut herum und machen sich über ihre Lunchbox her. Weniger Atmosphäre geht wohl kaum noch.....
Für den Rückweg haben wir uns dann Route Nr. 6 ausgesucht. Die hatte schon etwas mehr mit Wandern und Natur zu tun, ein Teil ging wirklich über und durch einen kleinen Bach hinunter. Und auch wenn man von hier keine wirklich tolle Aussicht mehr hatte, so hat dies doch viel mehr Spaß gemacht als in der Reihe den betonierten Weg hochzulaufen.
Bleibt festzuhalten - vielleicht war dies der schlechteste Zeitpunkt, den Berg zu erklimmen, als Tourist kann man sich sicherlich einen weniger hektischeren Wochentag aussuchen.
Hier gibt es noch mehr Bilder:
2007.11 Takaosan |