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Der Hauptbahnhof wird gerade umgebaut und umgestaltet, und drum herum entwickelt sich alles sehr schnell. Da befinden sich nicht nur die drei größten Banken, sondern auch Tokios neues Top-Hotel, das Peninsula.
Und das Marunouchi Building, 2002 errichtet, steht auf einem Grundstück, dessen Wert auf ¥21 Million/m² geschätzt wird – immerhin 131.721 Euro pro m²….
Mit der Fertigstellung des Shin-Marunouchi Buildings (Shi=”neu”) sowie der Eröffnung des Hotels entwickelt sich die Nakadori langsam zur Prachtallee in Tokio. Hier ist alles geplant, nichts wird dem Zufall überlassen, und überall von Europa abgeschaut und imitiert – leider ohne fundamentale Dinge wirklich verstanden zu haben.
Wir sind an einem Samstag mittag zu einer Erkundungstour gestartet, und waren zuerst einmal ziemlich überrascht, dass trotz schönstem Wetter außer uns kaum jemand unterwegs war. Die Nakadori ist komplett gepflastert, und die breiten Gehwege sind auch eine Seltenheit in Tokio. Alle 50 Meter gibt es eine Skulptur, die zum Teil allerdings ziemlich verloren in der Gegend rumstehen (übelstes “planning by numbers”). Und es gibt schöne Holzbänke mit Blumenarrangements, die zum Verweilen einladen sollen – nur gibt es nix zu sehen und keine Atmosphäre.
Warum die ganzen Anstrengungen dennoch nicht wirklich das aus Europa bekannte Flair herbeizaubern können, liegt vor allem an der “Nach-innen”-orientierten Architektur. Viele Gebäudekomplexe wollen die Besucher (=Kunden) in den Innenbereich locken, wo großzügige Atrien Zugang zu den Luxus-Boutiquen und Restaurants (Untergeschoss) bieten. Und selbst kleinere Geschäfte wurden architektonisch völlig von der Umgebung isoliert; es findet in keinster Weise eine Kommunikation mit der Aussenwelt statt (um es mal in architektonisch auszudrücken).
Was die Designerläden angeht, findet man hier die üblichen verdächtigen Italiener, aber die werden von den Japanern ja als Halb-Götter verehrt. Was es auf dem ganzen Kilometer nicht gibt, sind Restaurants und Cafes mit Außenbereich oder Terrasse. Dies ist der Hauptgrund dafür, das hier nicht wirklich das pralle Leben stattfindet. Die Japaner haben eine seltsame Vorliebe für klimatisierte Restaurants im Untergeschoss entwickelt – völlig ohne Atmosphäre und Wirkung auf die Umgebung. Irgendwie schaffen sie es auch nicht, oder wollen es nicht, private und öffentliche Räume zu verbinden, so wie es in Europa und Amerika üblich ist. Ob dies eine Mentalitätsfrage ist oder eine durch die enorme Einwohnerdichte entwickelte Phobie , wer weiß das schon.
Allenfalls in den Seitenstraßen gibt es ab und an kleine Cafes und Restaurants, die entfernt an europäische Vorbilder erinnern. Dominant sind allerdings der völlig lustlose und un-inspirierte Umgang mit den Räumen zwischen den Gebäuden – wer sich hier Aufhalten soll, ist mir ein Rätsel.
Relativ nett ist jedoch die Sichtbarkeit des Palast-Befestigungswalls, der durch die Seitenstraßen möglich ist – dies ist vergleichbar mit der Sichtbarkeit des Guggenheim-Museums in Bilbao. Auch wenn da die Entwicklung anders herum gegangen ist.
Ich bin mal gespannt, ob ich im Sommer eine lebhaftere Atmosphäre vorfinden kann – vielleicht kommt ja dann das Street-Life zurück. Oder die Straße funktioniert einfach nur werktags, wenn sich hier ca. 260.000 Arbeitnehmer ansammeln und hektisch zwischen Mittagessen und Meeting noch eine Besorgung für den anstehenden Hochzeitstag machen müssen.
Immerhin habe ich zum Abschluss noch ein paar Flip Flap Flowers gefunden!
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2008.02 Marunouchi |
1 Kommentar:
Heidiho,
ich bin auch schon mehrere Male durch dieses "Viertel" gelaufen und habe mich auch schon gewundert, warum am Wochenende die Straßen so leer sind. Jetzt weis ich auch, was mich immer irgendwie gestört hat wenn ich so durch die japanischen Städte ging, konnte es nur nicht in Worte fassen. Braucht eben jemanden, der ein Auge daür hat ;).
Aber ich denke auch, dass es wohl der japanischen Mentalität widersprechen würde, wenn sich Cafes nach außen entwickeln. Glaube gehört zu haben, dass man nicht auf der Straße essen/trinken sollte.
Habe erst heute wieder gesehen, dass sich Japaner lieber zum Eis essen in das kleine Restaurant setzen, als wie die meisten Europärer mit dem Eis in der Hand durch die Straßen zu schlendern.
Gruß
Martin
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