30. April 2007

Neue Mitarbeiter - Shin-Nin

Jedes Jahr im April stellen die Firmen in Japan neues Personal ein, und zwar nur zu diesem Zeitpunkt. Wenn man also sein Studium beendet hat und sich durch den endlosen Bewerbungsmarathon (mit hunderten von wahllosen Bewerbungen), der hier veranstaltet wird, gekämpft hat, beginnt pünktlich zum 1. April die "Sklaverei" in der Firma.

Da die Japaner recht "dumm" und unvorbereitet von der Universität kommen (praxisnahe Ausbildung scheinen die Japaner eher weniger zu kennen), durchlaufen sie in der Firma zuerst einmal eine mehrmonatige Eingewöhnungsphase; man könnte dies wohl auch "betriebsinterne Schulung" nennen. So ist es nicht wirklich von Bedeutung, welches Fach man studiert hat; wichtiger ist eher, von welcher Uni man kommt, welche Kontakte man hat usw.. So bekommt man schließlich einen Job. Und die Firma sorgt dann dafür, dass man für die anfallenden Aufgaben qualifiziert wird.

Auch meine Abteilung hat dieses Jahr fünf neue Leute eingestellt und vergangene Woche Freitag war die Willkommensveranstaltung. Zu der Party, die ab 19:30 Uhr in der Firma steigen sollte, wurde unser gesamtes Stockwerk eingeladen (was bei uns gleichbedeutend mit einem großen Arbeitsraum ist und ca. 100 Leute (?) umfasst). Dazu kommen dann noch die Firmenbosse und Vize usw..

Ach ja, "Einladung" ist wohl der falsche Ausdruck, schließlich wurde jeder gebeten, für die anfallenden Unkosten selbst zu löhnen - immerhin gestaffelt nach Position und Einkommen.

Der Ablauf dieser Willkommensveranstaltung war dann für mich doch schon ein wenig überraschend, weil sehr japanisch. Zuerst einmal greifen alle zur Dose aka (zum Alkohol), der in rauhen Mengen und allen Facetten bereitgestellt wurde. Nachdem dann alle bereits ein wenig angetrunken waren, wurde mit kurzen Worten vom Firmenchef das Büffet eröffnet. Sogleich stürzten sich alle auf die Köstlichkeiten, ganz ohne Hemmungen , und häuften so viel auf ihre Teller wie nur möglich.

Wirklich, sobald die Japaner mit Nahrungsmitteln konfrontiert werden, verlieren sie alle guten Manieren! Gleiches ist auch im Supermarkt zu beobachten. Irgendwie wird da der Raubtier-Instinkt reaktiviert - und schon fängt das unkoordinierte Gedränge an.

Nach der kurzen Essenspause und weiterem Genuss alkoholischer Getränke, war es dann an den Neulingen, in einer kurzen Powerpoint-Präsentation eine kurze Selbstvorstellung zu geben. Da zu diesem Zeitpunkt die Mehrheit der anwesenden Gäste bereits in einen berauschenden Zustand verfallen war und niemand den Neulingen wirklich Beachtung geschenkt hatte, hatten die einen wirklich schweren Stand. Persönlich finde ich dies ein Ding der Unmöglichkeit. Da kommen die neuen Leutchen, bereiten eine Präsentation vor und keiner fühlt sich verpflichtet, mal für ein paar Minuten die Luft anzuhalten, um der Vorstellung zu lauschen. Ich war wirklich knapp davor, mich zu Wort zu melden, um für etwas mehr Anstand zu appellieren. - Leider habe ich aber auch gleich erkannt, dass ich da mehr falsch machen kann als richtig und meine Sprachkenntnisse eh nicht ausgereicht hätten...

Die Neulinge haben dann in durchweg ziemlich schlecht gemachten Powerpoint-Präsentationen von ihren bestimmt interessanten Studienarbeiten berichtet, und am Ende sogar von ihren zahlreichen Hobbies erzählt - ob die bereits wussten, dass sie ab sofort das Thema Hobby ad acta legen können?

Die Party zog sich dann noch bis 22:30 Uhr hin, es floss weiterhin Alkohol in rauhen Mengen, und die Diskussionen wurden lebhafter und lauter. Zum guten Schluss haben die mich dann mit einigen anderen, die ebenfalls in den vergangenen Monaten eingestellt wurden, auf die Bühne gestellt - zwecks kurzer Vorstellung. Alle anderen haben natürlich die japanischen Floskel von sich gegeben, ich musste da schon etwas mehr improvisieren. - Zum Glück hat mich mein Abteilungsleiter mit seiner etwas "vorlauten" und "unpassenden" Frage nach der Nationalität meiner Freundin vor versammelter Abteilung unterbrochen. Ob er dies absichtlich oder auf Grund seines gestiegenen Alkoholpegels getan hat - ist mir eigentlich egal. Der folgende Wortwechsel war allerdings ganz lustig und alle haben sich amüsiert. :-)

Und, was bleibt übrig vom Fest? Als ich meine Sachen vom Arbeitsplatz geholt habe, um mich ins Wochenende zu stürzen, fand ich doch tatsächlich knapp 20% meiner Abteilung hinter ihren Computern beim Arbeiten - nach der Party, Freitag Abend, kurz vor 23 Uhr. Traurig, traurig, traurig.....

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