27. Juli 2007

Arakawa Hanabi

Sommerzeit in Japan ist Hanabi-Zeit. Hanabi ist der japanische Begriff für Feuerwerk. Hana= Bume, Bi = Feuer/brennen. Im Sommer überbieten sich die Stadtteile in Tokyo und wohl auch überall sonst in Japan mit massiven Feuerwerken. In den Listen werden immer die Anzahl der Feuerwerkskörper genannt. Das berühmteste ist das Sumida-Hanabi mit 22.000 Raketen. Wir haben uns Donnerstag Abend das Arakawa-Hanabi angeschaut, mit 12.000 Feuerwerkskörpern auch nicht ohne.

Hanabi ist eine Art von Sommerfest. Die Veranstaltungen beginnen seltsamer Weise immer um 19:10 Uhr. Und dauern bis zu zwei Stunden. Also kommen zur besten Rushhour noch die Pyromanen dazu. Sehr gute Idee Japan.

Zur Anreise. In Tokyo pilgern natürlich alle zum Feuerwerk. Traditionell gekleidet in Kimono und Yukata, stolpern die Leute also Richtung Veranstaltungsort. Die Züge sind wirklich rappel voll. Ich hatte Mittwoch das Vergnügen mit einer kleinen, stark übergewichtigen und mächtig schwitzenden Japanerin, die sich an mich gelehnt hat...da muss man wohl einfach durch.

Am Bahnhof war es dann noch voller, da sich hier alle irgendwie verabredet haben und sich irgendwie treffen müssen. In dieser Umgebung brüllen die zahlreichen Ordner irgendwelche unwichtigen Ansagen durch ihre Megaphone, und im Hintergrund gab es viel zu laut Wahlwerbung einer Dame, die eigentlich nur minutenlang ihren eigenen Namen durchgerufen hat (jaaaa - schon wieder Wahlen). So war es mir unmöglich, per Mobiltelefon mit meiner Freundin zu kommunizieren, es war einfach zu laut!

Der Weg vom Bahnhof zu dem Flußufer führte dann durch eine recht alte, schmale und historische Straße des Stadtviertels. Hier machen die Läden das Geschäft des Jahres. Zudem sind überall noch zusätzliche Essensstände aufgestellt, was natürlich zu einem großen Problem führt. Wie bereits berichtet, sind die Japaner verrückt nach Essen. So bleiben sie also in der engen Gasse, die vollgepackt mit Leuten auf dem Weg zum Feuerwerk ist, stehen, um sich über die Köstlichkeiten zu informieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie Hunger haben oder schon gegessen haben, sie können wohl einfach nicht anders. Um zum Punkt zu kommen, es geht einfach nicht voran, man braucht sehr viel Geduld.

Nach einem knappen Kilometer und 30 Minuten Geduld haben wir es endlich zum Fluss geschafft, just-in-time. Meine Freundin hat leider unsere Decke in ihrem Auto vergessen, also haben wir uns einen halbwegs trockenen Fleck gesucht und es uns auf unseren unterwegs aufgegriffenen Plastik-Werbe-Fächern gemütlich gemacht.

Bevor das Feuerwerk losging, gab der lokale Ortsvorsteher noch seine Grüsse durch ein extrem schlecht ausgelotetes Lautsprechersystem durch, dann wurden alle 28 Sponsoren des Feuerwerks genannt

Anschließend wurden dann Raketen in den Abendhimmel geschossen, was das Zeug hält. Hier macht sich niemand Gedanken über hungernde Kinder in Afrika, sondern genießen einfach das Ereignis.

Während des Feuerwerks war ich diversen im hohen Frequenzbereich ausgestoßenen Entzückungsschreien von der Gruppe weiblicher in Kimono gekleideter Teenager neben uns ausgesetzt. Mir war vorher nicht bewusst, auf wie viele Arten man den japanischen Begriff ”Sugoi” (”super”, ”toll”) aussprechen kann...

Nach einer guten Stunde haben wir uns auf den Rückweg gemacht, mit dem Gedanken, nicht am Ende mit allen anderen Richtung Bahnhof zu ächzen. Leider hatten wir aber Pech, denn eine Durchsage verkündete, dass wohl der finale, größte Feuerwerkskörper der gerade beendeten Performance nicht explodiert sei und nun irgendwo in den dunkeln Flussauen rumliegen müsse, und dass die Polizei diesen zuerst suchen und finden müsse, um die Sicherheit des weiteren Feuerwerks gewährleisten zu können.

Da dies einige Zeit in Anspruch nahm, haben sich auch alle anderen auf den Rückweg gemacht. Und wir mitten drin. Die von den Japanern getragene traditionelle Kleidung samt prähistorischer-Schuh-Vorläufer-Modellen erlauben auch nicht wirklich eine angenehme Gehgeschwindigkeit. Mal wieder wurde unsere Geduld auf die Probe gestellt.

Das Fazit, die Feuerwerke sind wirklich nett anzuschauen, vielleicht nicht ganz so artistisch wie die von spanischen Pyromanen veranstalteten, aber immer hin. Organisatorisch versuchen die Japaner in ihren Möglichkeiten, die Massen halbwegs gesittet zu bewegen. Diese Anstrengungen rufen bei mir immer einen Vergleich mit den organisatorischen Bemühungen zur Veranstaltung des Abiballs hervor "mit bestem Gewissen, aber nicht wirklich professionell". Aber da sich die Japaner ja nicht beschweren, sind am Ende alle glücklich.

Ach ja, hier sind ein paar Bilder und Videos:











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